Wohltäter, Waffenhändler, Weltreisende

Christian Plattner

KRAL Verlag

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Wie Erfindungen und Persönlichkeiten aus dem Triestingtal das Weltgeschehen prägten

26.12.2019

Das südlich an Wien angrenzende Flachland hat es den Habsburgern möglich gemacht, nach der Industriellen Revolution in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gegen die anderen Nationen Europas wirtschaftlich und militärisch zu bestehen. Das Triestingtal an seinem östlichen Rand trug ganz wesentlich dazu bei, dass dieses Gebiet zur Keimzelle der österreichischen Industrie wurde. Überdies lernen die Leser im Verlauf der Erzählung sehr viele verschiedene Menschen kennen, bewunderns- und verachtenswerte, Frauen und Männer; kleine Leute und große Persönlichkeiten, deren Namen noch heute jeder kennt und auch andere, die im Lauf der Geschichte wieder in Vergessenheit geraten sind.

Der Leser begegnet zum Beispiel einem Weltreisenden wider Willen, dessen als kurze Fahrt geplante Heimreise in eine Weltumrundung ausartete , dem ersten Industriespion, der sich als Arbeiter in der Fabrik des Erfinders einer revolutionären neuen Technologie verdingte, einem Wiener Mädel; eine Frau, die es nicht nur als Schauspielerin zum bewunderten Hollywood-Star ihrer Zeit brachte, sondern auch ganz im nebenbei ein Patent einreichte, dessen Anwendungen die meisten von uns tagtäglich benutzen, einem Schauspieler und Dramatiker, dessen unglückliches Ende als Paradebeispiel für den Spruch "Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben" dienen könnte und dem Spross einer weltbekannten Industriellenfamilie, der - in heutige Währung umgerechnet - etwa 100 Millionen Euro aus seinem Privatvermögen und noch einmal so viel aus dem Firmenvermögen investierte, um seinen Arbeitern und deren Familien Wohnraum, Schulen und Freizeiteinrichtungen
zur Verfügung zu stellen.

Maria Theresia und Josef II.

Gleich zu Beginn kann leicht verständlich nachvollzogen werden, wie die von Maria Theresia und Josef II. durchgesetzten Reformen unmittelbar Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung  des neu errichteten Verwaltungskreises „Unter Dem Wienerwald“ hatten, der zum Vorläufer des niederösterreichischen Industrieviertels wird. Und zwar so nachhaltig, dass um 1820 etwa die Hälfte aller Manufakturen der gesamten Habsburgermonarchie in Niederösterreich zu finden war. Die Gesamtwirkung dieser Reformen ebnete besonders hier den Weg für die Industrielle Revolution basierend auf einer modernen, industriell geprägten Wirtschaft. Der dadurch ausgelöste wirtschaftliche Aufschwung ist noch heute in den Prachtbauten der Wiener Ringstraße gut sichtbar: Der Fortschritt veränderte aber nicht nur die Technologien in Spinnereien, Webereien und Industriebetrieben, sondern zog auch grundlegende Änderungen für das Gesellschaftsleben nach sich.

Arthur Krupp

Selbstverständlich dürfen in einem Buch über das Triestingtal der Unternehmer Arthur Krupp und die Berndorfer Metallwarenfabrik nicht fehlen!
Mit der erfolgreichen Expansion des Unternehmens begann auch das Engagement von Arthur Krupp als Wohltäter für seine Arbeiter, deren Familien und die Stadt Berndorf. Er tätigte eine beispiellose Reihe von Investitionen und Innovationen – lange bevor die Ideen der eben erst entstandenen Sozialdemokratie sich durchzusetzen begannen. So ließ er Arbeiterwohnungen, Schulen und sogar ein Theater errichten und erhob Berndorf von einem kleinen Bauerndorf zur Stadt

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Weltreisenden wider Willen

Ein besonders abwechslungsreiches Kapitel ist jenes über die Gutsherrschaften Schönau und Dornau. Heute sind die Teiche des Gutes Dornau dafür bekannt, dass sie Fische höchster Qualität an Haubenrestaurants in Wien und Niederösterreich liefern.
Historisch können beide Gutsherrschaften mit einer Reihe illustrer Besitzer und kurioser Geschichten aufwarten.
Wie beispielsweise die abenteuerliche Geschichte des Gutbesitzers Christoph Carl Fernberger, der als erster Österreicher um 1630 die Welt umrundete und seine Dokumentation wurde sogar vom Verlag F. A. Brockhaus 1928 in der Reihe „Alte Reisen und Abenteuer“ veröffentlicht. Fernberg ließ sich 1620 als Söldneroffizier für den Kampf um den Erhalt der „Spanischen Niederlande“ anwerben, doch seine Heimreise machte ihn zum Weltreisenden und Abenteurer wider Willen. Er reiste zunächst von Amsterdam über die afrikanischen Atlantikküste, nach einem Schiffbruch weiter nach Jakarta in Indonesien, dabei er wurde zweimal von Piraten überfallen, am 1. Februar 1623 geriet er vor der Südspitze der Baja California in ein Seegefecht mit einem spanischen Handelsschiff. Die Spanier wurden besiegt, geplündert und so kam er in den Besitz einer ansehnlichen Menge Diamanten, die ihm die Grundlage seiner erfolgreichen Tätigkeit als Händler ermöglichte. Als Geschäftsmann kam er nun nach Taiwan, China, Japan, Indien, und schließlich über Hormus bis nach Persien. Dort wurde ihm 1627 gerüchteweise berichtet, die Türken hätten Wien erobert und ganz Österreich besetzt. Da erfasste ihn Sorge um seine Angehörigen und großes Heimweh, und obwohl sich später herausstellte, dass die Information unrichtig gewesen war, erreichte Christoph Carl Fernberger Ende August 1628 Wien und erwarb schließlich 1635 das Gut Dornau, aber auch das Schloss in Fahrafeld und die Burg Neuhaus.

Die rote Erzherzogin

Weit wohlbringender für Schönau erwiesen sich die zwanzig Jahre von 1910–1930, in denen sich das Landgut im Eigentum der Lieblingsenkelin von Kaiser Franz Joseph befand. Geboren 1883 als Erzherzogin Elisabeth Marie Henriette Stephanie Gisela von Österreich, hieß sie nach ihrer ersten Hochzeit Fürstin zu Windisch-Graetz, nach der zweiten dann Elisabeth Petznek. Doch dem breiten Volk bekannt sollte sie unter dem Spitznamen „Die rote Erzherzogin“ werden.  Schön früh hatte sich Elisabeth für das Schicksal der „einfachen Leute“ interessiert. Sie plädierte leidenschaftlich für eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Ziegelarbeiter, begeisterte sich immer mehr für die junge sozialdemokratische Bewegung. Der Schlossgarten von Schönau wurde für die Kinder der trostlosen Arbeitersiedlungen in der Umgebung geöffnet, und Gemüse und Obst von den Feldern des Schlosses ergänzten die karge Nahrung der Arbeiterkinder.

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 Im Oktober 1925 trat sie sogar der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei, marschierte bei den Maiumzügen der Sozialdemokraten mit und verkaufte öffentlichkeitswirksam rote Nelken. Ihr soziales Engagement und Ihre Beliebtheit bei der Bevölkerung  zeigt die folgende Geschichte: Als sie wegen gegenseitiger Untreue und Eifersucht, die Scheidung von ihrem Mann Otto anstrebte und erwirkte dieser durch einen Gerichtsbeschluss das Sorgerecht für die vier gemeinsamen Kinder für sich. Die Kinder weigerten sich aber, zum Vater zu übersiedeln, und als der Richter zusammen mit einem Gerichtsvollzieher und 22 schwerbewaffneten Gendarmen nach Schönau kam, um die Kinder abzuholen, versperrten an die hundert sozialdemokratische Arbeiter den Eingang. Die Delegation musste unverrichteter Dinge wieder abziehen, und die Kinder blieben bei ihr.

Weltberühmte Erfinder, ein großzügiger Wohltäter

und ein spektakulärer Kriminalfall

Einen bedeutenden Beitrag zur österreichischen Geschichte, aber auch interessante Geschichten liefert die Leobersdorfer Maschinenfabrik.
Hier treffen weltberühmte Erfinder, ein spektakulärer Kriminalfall und ein außerordentlich großzügiger Wohltäter aufeinander:
Zunächst wurde 1859 die Reputation des Unternehmens erschüttert als plötzlich Karl Hurtz, der Bruder des damaligen Besitzers verschwand und über diesen spektakulären Kriminalfall in allen deutschsprachigen Gazetten zwischen Triest und Berlin, Bern und Prag berichtet wurde. Da auch ein beträchtlicher Geldbetrag aus der aus der Firmenkasse fehlte, nahm man zuerst an, dass dieser sich mit dem kleinen Vermögen ins Ausland abgesetzt hatte. Doch als im 600 km entfernten Galizien in einem Koffer seine Leiche gefunden wurde, konnte ein Angestellter als Mörder überführt werden.
Seinen wirtschaftlichen Erfolg verdankt das Unternehmen aber den umfangreichen Bestellungen des k.u.k. Kriegsministeriums und dem Bau von Wasserturbinen – den ersten in Österreich.

Viktor Kaplan und Rudolf Diesel

Um 1900 waren auch zwei der bekanntesten Erfinder seiner Zeit hier: Viktor Kaplan und Rudolf Diesel. Rudolf Diesel war nach Leobersdorf übersiedelt, um hier seinen Dieselmotor weiterzuentwickeln So wurden in Leobersdorf die ersten Dieselmotoren der Monarchie gebaut; die auch auf den Schiffen der k.u.k. Kriegsmarine zum Einsatz kamen. Viktor Kaplan trug einerseits wesentlich zur Verbesserung der hier verwendeten Typen von Verbrennungsmotoren bei und andererseits inspirierte ihn die Arbeit an den Wasserturbinen zur Erfindung der weltweit revolutionären „Kaplan-Turbine“

Das Rüstungsdreieck

Die Gegend zwischen Hirtenberg und Berndorf, Wiener Neustadt und dem Süden Wiens wird oft auch als Rüstungs- bzw. Munitionsdreieck bezeichnet.
Die Grundlage für diese Entwicklung war einerseits die 1752 von der Kaiserin gegründete Theresianische Militärakademie und andererseits der Bau des Wiener Neustädter Kanals als wichtiger Transportweg  nach Wien.
Überhaupt waren die Unternehmen in Wiener Neustadt entscheidend an den rasanten Entwicklungen im Transportwesen beteilligt:

1842 wurde hier die Wiener Neustädter Lokomotivfabrik gegründet.
1899 folgte das nächste Verkehrsmittel mit der Gründung der Österreichischen Daimler Motoren Gesellschaft, die im Jahr 1900 das erste Automobil produzierte und auch die ersten Flugversuche sollten hier stattfinden.

Bereits im Ersten Weltkrieg war Wiener Neustadt daher ein Zentrum der Rüstungsindustrie und nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 wurde in Wiener Neustadt alle kriegswichtige Industrie angesiedelt.
Im Zweiten Weltkrieg wurden die Betriebe des Rüstungsdreiecks zum „Luftrüstungszentrum und Luftwaffendrehscheibe Süd/Ost“ ausgebaut. Diese hohe Konzentration an Rüstungsbetrieben hatte jedoch zur Folge, dass dieses Gebiet das vorrangige Ziel von Bobenangriffen wurde und Wiener Neustadt nahezu vollständig mit rund 50.000 Bomben in Schutt und Asche gelegt wurde und damit zu den am stärksten in Mitleidenschaft gezogenen Städten im Deutschen Reich zählte.

Die Hirtenberger Waffenaffäre

In Hirtenberg verdichtet sich schließlich die Geschichte: einerseits die historische Bedeutung der Hirtenberger Partonenfabrik, die mit ihren Produkten an fast allen Kriegen den letzten Jahrhunderts beteiligt war und andererseits die persönliche Geschichte ihres Besitzer, womit man von Hirtenberg bis nach Hollywood gelangt.
Am 8. Jänner 1933 ging der Name Hirtenberger um die Welt, als an Ungarn Waffen aus geheimen Depots in Italien geliefert werden sollten und Fritz Mandl dafür seine Fabrik als Drehscheibe zur Verfügung stellte. Doch diese Aktion wurde aufgedeckt und die Waffenlieferungen, die ein klarer Bruch der Verträge von St. Germain waren und zu dröhnenden Proteste des Auslands führten, brachten das fragile Gleichgewicht im Inland zum Kippen. Im Bewusstsein der Öffentlichkeit und in der Presseberichterstattung wurde die Hirtenberger Waffenaffäre zwar drei Wochen später von der Ernennung Hitlers zum deutschen Reichskanzler überschattet, aber indirekt wurde diese Episode zum Auslöser der am 4. März 1933 erfolgten „Selbstausschaltung des Parlaments“. Doch die Geschäfte der Hirtenberger Patronenfabrik liefen prächtig, und Anfang und Fritz Mandl war als der drittreichste Österreicher, gewiefter Geschäftsmann und gleichzeitig genießerischer Lebemann eine fixe Größe in der noblen Gesellschaft Wiens. So war es nur logisch, dass er bald jene Frau heiratete, die damals als die schönste Frau der Welt galt, Hedy Lamar.

Hedwig Eva Maria Kiesler alias Hedy Lamar

Aus einer jüdischen Bankiersfamilie stammend, repräsentierte sie den Typus des „Wiener Mädels“ und entfachte damals einen Skandal mit ihrem "Sexfilm" EKSTASE, für den sie bis heute bekannt ist. Dieser Film war seiner Zeit ungemein voraus, indem er in seiner Darstellung die Frau als selbstbestimmte und selbstbewusste Herrscherin über ihre Sexualität, ihr Schicksal und ihre Zukunft. Und damit einen wesentlichen Beitrag zur Auflösung überkommener Rollenmuster beitrug und eine prä-feministische Philosophie propagierte. Schon kurz nach ihrer Hochzeit mit Fritz Mandl 1933, die geprägt war durch die besitzergreifende Eifersucht ihres Mannes, begann sie ihre Flucht zu planen und mittels eines filmreifen Tricks, indem sie sich für ihr Hausmädchen ausgab, floh sie nach Amerkia, wo sie fast zwei Jahrzehnte lang die Leinwände und die Schlagzeilen Amerikas beherrschte.

Was jedoch kaum bekannt ist, dass Hedy Lamarr als Erfinderin die Grundlage für die heutige Kommunikationstechnologie geliefert hat.
Gemeinsam mit George Antheil entwickelte sie das Frequenzsprungverfahren.

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Die von ihr entworfene Grundidee des Frequenzsprungverfahrens war, das Steuersignal nicht auf einer einzigen, zuvor festgelegten Frequenz zu senden, sondern die Frequenzen so rasch und scheinbar zufällig zu wechseln, dass ein eventueller Störsender wirkungslos wurde. Dazu mussten aber Sender und Empfänger (also das Schiff, das den Torpedo abgeschossen hatte, und der Torpedo selbst) immer im gleichen Moment auf die nächste Frequenz umschalten. Obwohl diese Erfindung bereits 1942 patentiert wurde, wurde sie bis 1959 beim Militär unter Verschluss gehalten und er 1985 zur allgemeinen Nutzung freigeben. Die gerade im Entstehen begriffene Mobiltelephon-Industrie verwendete sie als Basis für den unter dem Namen Global System for Mobile (GSM) bekannt gewordenen ersten digitalen Mobilfunk-Standard.

TIPP


Gebundene Ausgabe
Fester Einband
26 cm x 22 cm

160 Seiten
mit zahlreichen farbigen Abbildungen

Verlag: KRAL; Auflage: 1 (15. Oktober 2019)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3990248308
ISBN-13: 978-3990248300




Preis:  Euro 26,90

www.kral-verlag.at

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