25.10.2023 - MAG Lifestyle Magazin exklusiv - Eisenbahnen & Bahnreisen & MAG Eisenbahnmagazin / update 17.08.2024
Vorläuferin der heute normalspurigen Bahnstrecke Sarajevo–Ploče war die 1891 in Bosnischer Spurweite erbaute Narentabahn. Die heutige, ab 1963 durch die Jugoslawischen Staatsbahnen JZ errichtete eingleisige, mit 25 kV 50 Hz elektrifizierte, Verbindung wurde größtenteils neu trassiert weshalb fast alle Bahnhofsgebäude aus der Anfangzeit Neubauten weichen mussten.
Nach dem letzten Balkankrieg ging die kroatische Teilstrecke vom Seehafen Ploče bis zum Grenzbahnhof Metković auf die HŽ und der in Bosnien und Herzegowina gelegene Teil mit dem Grenzbahnhof
Čapljina auf die ŽFBH über. Im Bosnienkrieg wurden erhebliche Teile der Strecke schwer beschädigt. Die Bahntrasse wurde wieder instandgesetzt sodass Reisezüge zumeist mit 70 km/h und auf
Teilstrecken 100 km/h verkehren können. Auf bosnischem Gebiet sind, bis auf die besonders steigungsreiche Gebirgsstrecke um Konjic, auf vielen Bahnhöfen Signalanlegen nur behelfsmäßig in
Betrieb.
Die Strecke Sarajevo bis Grenzbahnhof der ŽFBH Čapljina beträgt 163,1 km. Von Čapljina führt die Strecke cirka 8 km über die Staatsgrenze um vom Grenzbahnhof der HŽ in Metković nach cirka 22
km Ploče zu erreichen.
Da außerhalb der Sommersaison keine durchgehende Verbindung von Ploče nach Čapljina angeboten wird beschreiben wir in folgendem Reisebericht vom Oktober 2023 die Fahrt mit dem Talgo Relation Čapljina - Sarajevo - Čapljina.
Die Schnellzüge, bosnisch "Brzi", in der Relation Sarjevo - Čapljina - Sarajevo werden mit Gliederzugeinheiten der Baureihe Talgo geführt.
Am 07.10.2023 verlässt der Brzi 722 gezogen von der E-Lok 441 902 der ŽFBH Čapljina um 16:42 Uhr und erreicht Sarajevo um 19:04 Uhr. An diesem Tag bestand der Zug aus einer doppelten Talgo Wagen
Garnitur und war mit Reisenden von Mostar bis Sarajevo voll besetzt.
Alle Zuggarnituren verfügen außer 2. Klasse Waggons über einen Barwagen und einen 1. Klasse Wagen der mit Fahrkarte der 2. Klasse benutzt werden kann. Der Schlusswagen verfügt über ein Zugbegleiterabteil zur Streckenbeobachtung für Verschubfahrten. Ein Wendezugbetrieb ist nicht vorgesehen, die Lokomotiven werden in jedem Endbahnhof an die Zugspitze umgesetzt. Einige Talgo Garnituren verfügen für einen geplanten Nachtverkehr über einen Schlafwagen der zur Zeit mit ausschließlichen Tagesverbindungen im Wagenverband abgesperrt mitgeführt wird.
Die Stadt Čapljina liegt an der Neretva in der südlichen Herzegowina und gehört zum Kanton Herzegowina-Neretva. Der Bahnhof ist der Grenzbahnhof von Bosnien und Herzegowina auf der Fahrt nach Metkovic und Ploče in Kroatien. Vom Bahnhof Čapljina gibt es Busverbindungen in den bekannten, 15 km nahen, Marienwallfahrtsort Međugorje.
Von Čapljina führt die Fahrt entlang der Neretva über Mostar in Richtung Ivan Pass. Der Schwerpunkt der ŽFBH liegt im Güterverkehr. Eine 441 der ŽFBH und Enna Vosloh 0650 104 befördern am 19.11.2021 einen Güterzug von Ploče in Richtung Sarajevo. Die Vosloh 0650 104 aus Ploče ist für den grenzüberschreitenden Verkehr bei der ŽFBH und HŽ zugelassen.
Bei Donji Jasenjani, einem kleinen Ort kurz vor der Einmündung der Drežanka in die Neretva, überbrückt die Bahnstrecke den Fluss Drežanka.
Die Bahnstrecke der ŽFBH führt entlang der Neretva durch Tunnel und über Brücken.
Der Bahnhof von Jablanica liegt etwa 3,6 Kilometer vom Zentrum Jablanicas bei Donja Jablanica. Der Bau entspricht den Bahnbauten welche 1963 bis 1966 im Rahmen des Umbaus der JŽ entlang der neutrassierten Normalspurstrecke errichtet wurden.
Auf der 3,6 Kilometer langen Strecke vom Bahnhof Jablanica zur Haltestelle Jablanica Grad überquert die Bahn die Neretva über die etwa 320 Meter lange Gazela Brücke. In diesem Bereich reihen sich entlang der Strasse Restaurants mit Blick auf die Neretva aneinander welche bekannt sind für Lammspezialitäten und Peka von Kalbfleisch.
Die Bahnstation Jablanica Grad hatte schon bessere Tage gesehen, soll aber nach Plänen der ŽFBH demnächst wieder in den Zugverkehr Sarajevo – Capljina miteinbezogen werden. Die Station liegt etwa 1 Kilometer vom Ortszentrum und 500 Meter vom Freigelände der Museumsanlage mit der Dampflok JDŽ 73-018 der 1888 eröffneten schmalspurigen Narentabahn welche 1963 bis 1966 von der JŽ auf Normalspur umgebaut und weitgehend neu trassiert wurde. Die Dampflok und jene für den Film „Die Schlacht an der Neretva“ gesprengte Brücke ist im Rahmen des Freigeländes der Museumsanlage kostenlos zu besuchen.
Bei Čelebići überquert die Eisenbahnbrücke der Bahnstrecke entlang der Neretva die in diesem Bereich aufgestaute Neretva.
Besonders sehenswert ist die Gebirgsbahn über den Ivanpass zwischen Tarčin und Konjic mit 46 Tunnel und 21 Brücken. Von Čapljina auf 9 m über Meeresspiegel steigt die Strecke in S-förmigen Kehren bis zum Scheitelpunkt in Bradina auf 753 Höhenmeter an um nach etwa 50 km Sarajevo zu erreichen.
Eine Fahrt über den Ivan Pass ist nicht nur für Eisenbahnfreunde ein besonderes Erlebnis, erinnert sie doch an Gebirgsstrecken in der Schweiz und in Österreich. Die besten Stellen für schöne Fotomotive sind nur über schmale, steile und einspurige Berggstrassen erreichbar, manche nur zu Fuss!
Konjic liegt rund 66 Bahnkilometer südwestlich vom Bahnhof Sarajevo an der Mündung des Baches Trešanica in die Neretva, wenige Kilometer oberhalb des Stausees Jablaničko Jezero. Der Güterverkehr hat für die ŽFBH eine wirtschaftlich größßere Bedeutung als der Personenverkehr. Am 23.102023 warten die ŽFBH 441-910 und 441 511 auf die Weiterfahrt. Ein ausgemusterter Güterwagen dient im Bahofsbereich als Holzlagerplatz.
Bei Ovcari bietet sich ein wunderbrer Blick auf die Kunstbauten der beeindruckenden Gebirgsstrecke, erreichbar über eine schmale Bergstrasse. Im Bild die untere Trasse und dahinter die über eine Kehrschleife erreichbare Bahntrasse über zwei Viadukte.
Der Bahnhof Grad ist nur mit Auto über eine schmale, steile und einspurige Berggstrasse von Živašnica erreichbar. Ein Gütezug gezogen von der ŽFBH 441 518 verlässt den Tunnel im Gegenlicht, als Nachschiebelok fungiert die ŽFBH 441 519.
Pazarić in der Gemeinde Hadžići und ist ein Ausgangspunkt für Wanderungen auf der Bjelašnica. In der österreichisch-ungarischen k.u.k. Monarchie war Pazarić Verwaltungssitz der Gemeinde. 1895 wurde in Pazarić die „Narodna obsna škola Pazarić“ gegründet, die älteste Schule von Sarajevo bis Konjic, zu der Schüler von Blažuj bis Bradina mit dem schmalspurigen „Ćiro“-Zug fuhren. Das Bahnhofsgebäude der Schmalspurbahn dient bis heute als Bahnhof dem Bahnbetrieb.
Durch die Neutrassierung der elektrifizierten Normalspurbahn durch die Jugoslawischen Staatsbahnen entstanden Neubauten da die Bahnhöfe der ehemaligen Schmalspurbahn oft fern ab der neuen
Verbindung lagen.
Der Bahnhof Hadžići, 7 km nach Pazarićund 19 km vor Sarajevo, ist noch unverändert erhalten! Da der neue Gleiskörper nicht unmittelbar vor dem Bahnhof liegt wurde eine kleine
Gartenanlage zwischen dem Gebäude und den Gleisen errichtet.
Das postmoderne Gebäude wurde 1953 eröffnet und befindet sich am End- und Verbindungspunkt der ehemaligen schmalspurigen Bosnabahn, Narentabahn und der Bosnischen Ostbahn. Der Umbau der
Schmalspurbahn von Šamac nach Sarajevo nach dem 2.Weltkrieg auf Normalspur bedingte zwei Bahnhofsgebäude in unmittelbarer Entfernung. Nach Einstellung der letzten Schmalspurstrecken
in den 1970er Jahren verblieb nur noch der heutige Normalspurbahnhof Sarajevo. Der Neubau des Bahnhofes Sarajevo sollte als Prestigebau das grösste Empfangsgebäude aller Bahnhöfe im ehemaligen
Jugoslawien erhalten.
Weiter Informationen und Fotos zum Bahnohof Sarajevo siehe Bahnhof Sarjevo &
Zugförderung
Am 08.10.2023 führte die ŽFBH 441 908 den Brzi 721 mit einer Talgo Wagengarnitur. Die Abfahrt in Sarajevo war pünktlich um 16:49, die fahrplanmässige Ankunft in Čapljina um 19:15 erfolgte mit einer halben Stunde Verspätung.
Einen Artikel im Rahmen "Erinnerungen an die schmalspurige Bosnabahn, Narentabahn und Bosnische Ostbahn" finden Sie auf Narentabahn, die JDŽ 73-018 in Jablanica und der Film „Die Schlacht an der Neretva“
Die Bezeichnung "Bosnische Spurweite" für alle 760 mm Schmalspurbahnen in Österreich ist bis heute erhalten geblieben.
In der österreichischen k.u.k Bahn Ära wurde Bosnien und Herzegowina verkehrsmässig durch ein Netz von Schmalspurbahnen in 760 mm Spurweite erschlossen von denen heute nur wenige Lokomotiven,
Wagen und Strecken museal erhalten sind.
Die JŽ Schmalspurdampflok 71-022 erinnert als Denkmallokomotive am ersten Bahnsteig im Bahnhof
Sarajevo an diese Zeit.
Alle Fotos © MAG Lifestyle & Reisemagazin, Fotograf M.A.Grandits
bei den Fotos wird soferne aus Platzgründen erforderlich nur © MAG für © MAG Lifestyle & Reisemagazin angefüh
Fotos Oktober 2023 oder Datum wie beim jeweiligen Foto angeführt
TIPPS & Links
Fahrpläne der Bahnverwaltungen in Bosnien und Herzegowina
Željeznice Federacije Bosne i Hercegovine (ŽFBH) in der Föderation Bosnien und Herzegowina
TIPPS & Links
Bildband
Die Jugoslawischen Eisenbahnen in den 80er Jahren
mit Bildern von ÖBB Liegewagen
Bildband zu den Jugoslawischen Eisenbahnen auf der Normalspur in den 1980er Jahren
mit Bildern aus einer Zeit in der Fotografieren bei Strafe verboten war