04.10.2023 - MAG Lifestyle Magazin exklusiv - Eisenbahnen & Bahnreisen & MAG Eisenbahnmagazin
Ab 1960 begann im ehemaligen Jugoslawien auf den meist nicht elektrifizierten Strecken die Umstellung von Dampf auf Dieselbetrieb. Hierfür beschaffte die JŽ im Rahmen von Handelsabkommen aus
Amerika sechsachsige Dieselelektrische Lokomotiven vom Typ GM G16 von General Motors Electro-Motive Division. Die amerikanischen Lokomotiven wurden nur durch die Ausrüstung mit Seitenpuffern und
Schraubenkupplungen statt der amerikanischen Mittelpufferkupplung und eine Druckluftbremse an europäischen Standard angepasst. Das Aussehen wich durch die unverändert amerikanische Bauart mit
seitlich versetztem Führerstand zwischen den Vorbauten mit erhebliche unterschiedlicher Länge sowie der großen Länge der Lokomotiven von 18.510 mm stark von den bei europäischen Bahnverwaltungen
üblichen Bauarten ab. Aufgrund des Ursprungslandes USA und des damaligen Präsidenten J. F. Kennedy erhielten diese Lokomotiven vom Fahrpersonal den Spitznamen "Kenedi".
Die Baureihe 661 Co’Co’ ist eine sechsachsige Lokomotive mit je drei Achsen pro Drehgestell bei der alle sechs Achsen angetrieben sind. Der Sechzehnzylinder-Zweitaktdieselmotor mit
dieselelektrischen Kraftübertragung ist wassergekühlt und hat eine Gleichstromleistungsübertragung auf die 6 Fahrmotoren. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 125 km/h.
Die Lieferungen von GM erstreckten sich auf die Jahre von 1960 bis 1972. Die Lokomotiven waren auf allen nicht elektrifizierte Bahnstrecken in Jugoslawien und vor allem auf den Gebirgsstrecken
wie der Karawankenbahn, die Drautalbahn, der Wocheinerbahn, auf Bahnen in Dalmatien der Una-Bahn und Lika-Bahn im Einsatz. Da die bezogene Zahl von 218 Lokomotiven der Baureihe 661-0 bis 661-2
durch zunehmenden Bahnverkehr nicht ausreichend war wurden Nachbauten von General Motors, Đuro Đaković, MACOSA, Canadian Locomotive Company beschafft. Diese Lokomotive haben unterschiedliche
Abmessungen und maschinelle Ausrüstung. Bei vielen Nachbauten wurde der kürzere Vorbau auf das Fensterviveau heruntergesetzt um dem Lokpersonal bessere Sichtverhältnisse zur Streckenbeobachtung
bei Fahrt mit niedrigem Vorbau voraus zu ermöglichen.
Bei den Kroatischen Eisenbahnen HŽ ist noch eine Lokomotive der ehemaligen Reihe 661 museal erhalten. Bei den ŽRS können zur Freude von Eisenbahnfreunden diese Lokomotiven mit dem dumpfen Motorgeräusch der Sechzehnzylinder-Zweitaktdieselmotoren im Planbetrieb erlebt werden.
Bei der Dieseltraktion dominieren bei der ŽRS die über 60 Jahre alten Oldtimer - Diesellokomotiven der ehemaligen JŽ Baureihe 661 von GM. Die ŽRS 661 033 wurde 1960 von General Motors Electro-Motive Division mit den Baudaten GM 26226/60 im Rahmen der erste Bauserie 1960 an die JŽ geliefert. Nach dem Jugoslawienkrieg verblieb die Lok bei den Slowenischen Eisenbahnen in Ljubljana und wurde später an die ŽRS abgegeben und ist bis heute fast unverändert in Betrieb.
Am Bahnhof Novi Grad erwartet am 29.09.2023 den Fahrgast die ŽRS 661 033 mit einem Blm 50 44 21-10 003-4, ehemals DR, mit Heimatbahnhof Banja Luka. Der Zug 6432 Novi Grad - Dobrljin dient vorrangig der Schülerbeförderung da in Dobrljin nur eine Grundschule existiert. Der Zug kommt von Banja Luka und fährt in Novigrad um 13:45 Uhr ab. Unterwegs wird an kleinen, unbesetzten Haltestellen gehalten. Vor nur mit Andreskreuz gesicherten Bahnübergängen hält der Zug um diese nach Abgabe eines Warnsignals im Schrittempo zu überqueren. Die Fahrt gestaltet sich kurzweilig und man kommt mit den jugendlichen Fahrgästen schnell ins Gespräch. Um 14.04 Uhr erreicht der Zug seinen Endpunkt in Dobrljin. Nach einer Wartezeit tritt der Zug 6425 seine Rückfahrt über Novi Grad, kaum mit Reisenden besetzt, nach Banja Luka an.
Die Rückfahrt von Dobrljin 29.09.2023 mit ŽRS 661 033 führt als Zug 6425 über Novi Grad nach Banja Luka.
Novi Grad, das ehemalige Bosanski Novi, liegt an der Una in der Republika Srpska und der Bahnbetrieb obliegt der Željeznice Republike Srpske (ŽRS). Im Bahnhof treffen die elektrifizierten Bahnstrecken aus Richtung Sunja, Banja Luka und Knin aufeinander. In der Relation Banja Luka - Novigrad wird fahrplanmäßig Personenverkehr angeboten. Auf der Strecke Novi Grad - Sunja gibt es im Abschnitt Novi Grad - Dobrljin planmässigen Personenverkehr. Die Bahnstrecke der Una-Bahn über Bihać nach Knin wird zur Zeit von keiner der beteiligten Bahngesellschaften ŽRS und ŽFBH bedient.
Die Bahntrasse führt von Novi Grad entlang der Una bis Dobrljin, dem letzten Bahnhof in Bosnien und Herzegowina und heutiger Endstation für den planmäßigen Personenverkehr. Das bosnisch-herzegowinische Teilstück wird von den Željeznice Republike Srpske ŽRS betrieben. Zwischen Dobrljin und Volinja überquert die Trasse der ŽRS den Grenzfluss und erreicht Kroatien und damit das Bahnnetz der Hrvatske željeznice HŽ.
Von der Orientbahn über die k.u.k. Militärbahn, die elektrifizierten Magistrale Zagreb - Sarajewo zur Nebenbahn mit Altbaudiesellokomotiven
Die Bahnstrecke Novi Grad nach Dobrljin ist ein Teil der ersten Pläne für eine Orientbahn. Der türkische Sultan plante den Bau von Konstantinopel über Adrianopel, Niš, Mitrovica, Sarajevo und Banja Luka nach Dobrljin an der österreichisch-ungarischen Grenze. Die Pläne der österreichischen Monarchie sahen vor, durch den Bau einer „Orientbahn“ nach Konstantinopel den Einfluss am Balkan vergrößern zu können. 1870 wurde in der damaligen osmanischen Provinz Bosnien und Herzegowina mit dem Bau der Bahnstrecke von Banja Luka nach Dobrljin begonnen.
Die Chemins de fer Orientaux konnte am 24. Dezember 1872 auf einem ersten Streckenabschnitt den Betrieb aufnehmen. Die Bahnstrecke wurde aber aus finanziellen Gründen nach einigen Jahren
eingestellt.
Österreich-Ungarn wurde im Berliner Kongress Bosnien und die Herzegowina zugesprochen und die bereits verfallene Strecke Banja Luka–Dobrljin wurde entdeckt. Aufgrund schlecht erschlossener
Verkehrswege entschloss sich die k.u.k. Armee für einen raschen Auf- und Ausbau eines Eisenbahnnetzes. Die Bahnlinie wurde zur k.u.k. Militärbahn Banjaluka–Dobrlin.
Danach hatten beide Weltkriege Auswirkungen auf die Bahnstrecke Banja Luka - Sunja. Die Verwaltung ging nach dem Zusammenbruch der Habsburger Monarchie auf die Železnice Kraljevine Srba, Hrvata i
Slovenaca über und danach auf die JDŽ und JŽ. 1951 wurde die Stichbahn durch den Bau der Bahnstrecke Doboj–Banja Luka zu einem Abschnitt der Verbindung Sarajevo–Zagreb.
In den 1960er Jahren wurde von den Jugoslawischen Staatsbahnen JŽ im Rahmen des beginnenden Elektrifizierungsplans der Streckenabschnitt von Banja Luka nach Sunja mit einer Fahrleitung von 25 kV 50-Hertz ausgebaut. Der Jugoslawienkrieg brachte ein Ende der internationalen Transversale. Die Bahnstrecke Dobrljin - Banja Luka fiel unter die Verwaltung der Željeznice Republike Srpske ŽRS. Der Bahnhof von Dobrljin wurde zum letzten Bahnhof in Bosnien und Herzegowina.
Die heutigen Bahngesellschaften in Bosnien und Herzegowina teilen sich auf die
Željeznice Federacije Bosne i Hercegovine (ŽFBH) in der Föderation Bosnien und Herzegowina und die
Željeznice Republike Srpske (ŽRS) der Republika Srpska auf.
Diese Zweiteilung beruht auf der Teilung Bosniens und Herzegowinas in zwei Verwaltungseinheiten infolge des Dayton-Vertrages. An den Grenzen innerhalb von Bosnien und Herzegovina
werden zwischen den ŽFBH und den ŽRS ohne technische Notwendigkeit die Lokomotiven gewechselt. Die Baureihenbezeichnungen und Ordnungsnummern der JŽ wurden von beiden Nachfolgebahnen, den ŽFBH
und den ŽRS, beibehalten.
Alle Fotos wenn nicht anders angeführt © MAG Lifestyle & Reisemagazin, Fotograf M.A.Grandits
und wenn nicht anders angeführt Aufnahmedatum September am 29.09.2023
TIPPS & Links - Fahrpläne der Bahnverwaltungen in Bosnien und Herzegowina
Željeznice Federacije Bosne i Hercegovine (ŽFBH) in der Föderation Bosnien und Herzegowina
Željeznice Republike Srpske (ŽRS) in der Republika Srpska
TIPPS & Links
Bildband
Die Jugoslawischen Eisenbahnen in den 80er Jahren
mit Bildern von ÖBB Liegewagen
Bildband zu den Jugoslawischen Eisenbahnen in den 80er Jahren
mit Bildern aus einer Zeit in der Fotografieren bei Strafe verboten war