26.08.2019 MAG Lifestyle Magazin
Bei beiden Protagonisten, sowohl bei Romeo und Julia als auch bei bei Romeo und Venus ist kein Happy End vorprogrammiert.
„Es war die Nachtigall und nicht die Lerche, die eben jetzt dein banges Ohr durchdrang“, sagt Romeo zu seiner Julia, die fürchtet, die Lerche habe zur Morgendämmerung gesungen und die Liebesnacht
sei schon vorbei. Es gibt fast niemanden, der nicht weiß, wie diese wohl berühmteste aller Liebesgeschichten, geschrieben von William Shakespeare, ausgeht. Die Liebenden sterben in der Blüte
ihrer Jugend , wahrlich kein Happy End.
Steht bei bei Romeo und Julia die Familie gegen das Glück des Liebespaares ist bei bei Romeo und Venus bereits die Ausgangssituation eine andere. Liebe wird zur Erreichung eines Zieles
vorgespiegelt um eine Zielperson zu manipulieren. Nur das Ende dieser Honigfallen gleicht meist der Tragödie von Shakespeare da es fast nie ein Happy End gegeben hat.
Romeo und Venus steht für im Geheimdienstjargon für sogenannte operative Maßnahmen bei der ein Agent oder eine Agentin mittels vorgespielter Zuneigung und erotischer Verführung versucht bei einer
Zielperson an Informationen zu gelangen. Die Ausforschung von Nachrichten reicht von der freiwilligen Weitergabe von Geheimnissen an den Liebhaber oder die Liebhaberin bis hin zur Erpressung
durch die Dokumentation von kompromittierenden Situationen.
Romeo Falle ist die Bezeichnung für eine nachrichtendienstliche Sexspionage Operationen, bei der ein männlicher Agent eine Liebesbeziehung zu einer Zielperson anknüpft. Das Gegenstück zur
Romeo-Falle wird Venus Falle genannt.
Im Geheimdienstjargon werden intime Methoden auch ‚Honigfalle‘ genannt und laut Lehrbuch sind der Phantasie zur Erreichung des Zieles keine Grenzen gesetzt.
Die Honigfalle hat eine lange Tradition und eine der bekanntesten ist jene der wohl berühmtesten Spionin aller Zeiten, von Margaretha Geertruida Zelle alias Mata Hari.
1905 feierte die Niederländerin ihren Durchbruch als exotische Nackttänzerin in Paris und verkehrte in den höchsten Kreisen der Gesellschaft.
Das machte sich der deutsche Geheimdienst zunutze und ließ sie unter dem Decknamen „Agentin H21“ während des 1. Weltkrieges britische und französische Staatsmänner ausspionieren.
1917 wurde Mata Hari in Frankreich wegen Hochverrats angeklagt, schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt.
Im Urteil hieß es, sie hätte als Doppelagentin auch im Auftrag des französischen Geheimdienstes spioniert.
Bei der Urteilsvollstreckung verweigerte sie die Augenbinde und blickte den Soldaten des Erschießungskommandos direkt in die Augen.
Noch heute lässt sich nicht rekonstruieren, ob die Anklage der Doppelspionage tatsächlich gerechtfertigt oder Mata Hari lediglich ein willkommenes Bauernopfer des französischen Militärs war.
In Österreich zählt, historisch gesehen, der Fall des österreichischen Militärgeheimdienstlers Oberst Alfred Redl der im Evidenzbüro, dem militärischen Nachrichtendienst, tätig war zu einem der
wohl schillerndsten Figuren im Spiel der Geheimdienste. Dank seines Zuganges zu fast allen geheimen Unterlagen der Armee konnte zu einem der wichtigsten Spione des russischen Geheimdienstes
werden.
Der homosexuelle Redl hatte gegen finanzielle und sexuelle Zuwendung nicht nur dem zaristischen Geheimdienst Informationen zugetragen, zuletzt verriet er Staatsgeheimnisse auch an den
italienischen und französischen Geheimdienst.
Redl beging im Zuge seiner Enttarnung am 25.05.1913 in Wien Suizid nachdem ihm Mitarbeiter seiner Behörde auf die Spur gekommen sind und ihm nicht uneigennützig zur Vertuschung der Angelegenheit
die Chance gaben sich ehrenhaft zu erschiessen und so sein Gesicht wahren.
Eine häufig angewandte Methode im Geheimdienstbereich um unliebsame Tatsachen nicht publik werden zu lassen.
Die bedeutendsten Erfolge mit der Honigfalle erzielte die als "Hauptverwaltung Aufklärung HVA firmierende Auslandsabteilung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) mit seinem eigenen,
männlichen Personal
Bei der Methode Romeo wurden ausgesuchte Stasi-Agenten der HVA, der Hauptverwaltung Aufklärung, dem Auslandsgeheimdienst der DDR, als Charmante Liebhaber getarnt, auf westdeutsche
Sekretärinnen angesetzt.
Diese nachrichtendienstliche Operationen wurde wesentlich von Markus Wolf mitentwickelt der 34 Jahre lang, von 1952 bis 1986, die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), den Auslandsnachrichtendienst
im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR leitete, zuletzt im Range eines Generalobersts.
Im Jargon der Stasi wurde der Begriff „Ficken fürs Vaterland“ zu einem geflügelten Wort für diese Einsätze. Romeos, als Kundschafter des Friedens als die sie in ihrem Dienst galten, mussten bei
ihren Einsätzen im Westen ein Leben in der, in ihrem Sinne dekadenten und kapitalistischen Lebensweise vorspielen. Fand einer der Agenten Gefallen an diesem Lebensstil wurde er im besten Fall
abgezogen, manche liessen aber auch eine Frau zurück, die ihnen mehr bedeutete als vorgesehen.
Während die CIA und ihre britischen Partner vom British Secret Intelligence Service MI6 und dem Security Service MI5 wenig Glück mit der Honigfalle hatten und sie offenbar auch selten aufstellten war die Methode bei den andern Geheimdiensten fester Bestandteil ihres Repertoires.
Diese operativen Methoden zählen zu den umstrittensten und radikalsten Methoden um Zielpersonen zu kompromittieren oder zu manipulieren die man im Geheimdienstwesen kennt.
Zu den konkreten Methoden gehört es Zielpersonen mit erotischen oder gar Sexangeboten in kompromittierende Situationen zu locken.
Durch die, durch Honigfallen erlangte Informationen sind Zielpersonen erpressbar oder ihr Ruf kann durch Falschinformationen welche über sie oder unter ihrem Namen in Medien oder im Netz
publiziert werden Schaden nehmen.
Wie oft die Honigfalle wirklich eingesetzt wurde, ist aufgrund der branchenüblichen Geheimhaltung schwer zu beurteilen.
In der heutigen Zeit, in der technische Überwachung und Kontaktaufnahme über Internet kaum noch Grenzen kennt, ist wohl kaum jemand der an politisch oder wirtschaftlich wichtigen Positionen sitzt
von solchen kriminellen Machenschaften gefeiht und es wundert nicht, dass Mitarbeiter von Nachrichtendiensten neue Freunde oder Bekannte überprüfen sollen oder müssen, bevor sie sich auf eine
intimere Beziehung einlassen.
Tipps & Links
Deutsches Spionagemuseum
Wo bis 1989 die Berliner Mauer die Stadt teilte, gibt das DEUTSCHE SPIONAGEMUSEUM einen einzigartigen Einblick in das Schattenreich der Spionage. Den Besuchern stehen modernste Technologien zur
Seite, um die raffinierten und zum Teil skurrilen Methoden von Agenten und Geheimdiensten multimedial und interaktiv aufzudecken.
Leipziger Platz 9, 10117 Berlin
www.deutsches-spionagemuseum.de/
Stasi Museum Berlin
Das Museum befindet sich in Berlin im Haus 1 auf dem ehemaligen Gelände der Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR
Normannenstraße 20, Haus 1, 10365 Berlin
Sonderausstellung Spionage! 39 Fälle
Museum Niederösterreich St. Pölten, Österreich
6. September 2019 bis 19. Januar 2020
Erleben Sie die geheimnisvolle Welt von Oberst Redl oder Mata Hari, erhalten Sie Einblick in Operationen bekannter Geheimdienste wie des israelischen Mossad, des russischen KGB oder der
amerikanische CIA und betrachten Sie berühmte Hilfsmittel wie die Chiffriermaschine Enigma aus dem Jahr 1935 oder einen Verhörstuhl aus der ehemaligen CSSR.
www.museumnoe.at
Weitere Artikel zu "Secret Places" im MAG Lifestyle & Reisemagazin